Mythos Trainingslager: Fundament für die ganze Saison oder ein Baustein im Trainingsjahr?

Für viele Sportler ging oder geht es in diesen Tagen in den sonnigen Süden. Jeder kennt die Vorfreude, einmal nichts anderes zu tun als seinem Sport nachzugehen. Nicht selten wird aber aus dem Spaß der ersten Tage, am Ende eine einzige Quälerei und der Athlet zählt die Tage bis zum Ende des so lange ersehnten Trainingslagers. Zuhause angekommen, dann noch ein Infekt und es stellt sich die Sinnfrage. Das ist auch schon dem Autor passiert. Trotz einer bis dahin guten und systematischen Wintervorbereitung, die beispielsweise überwiegend aus sehr ruhigen Einheiten und umfangreichem Krafttraining bestand.

Nach einer kurzen Einrollphase (gab es die überhaupt) auf der Insel, dann gleich die ersten Intervalle um die Leistungsfähigkeit anzutesten. Da viele in der Trainingsgruppe die gleiche Idee hatten, wurde daraus nicht selten ein Radrennen. Geplante Trainingsbereiche? Sicher einige Male in der Einheit angesteuert. Dafür am Abend die Gewissheit, mit einem recht hohen Schnitt die Einheit absolviert zu haben. Also alles gar nicht so schlimm. Die schweren Beine regenerieren sich auch wieder, da man ja dafür ausgiebig Zeit hat. Am nächsten Tag dann aber schon ein leichter Ruheschmerz, der während des Trainings doch wieder verschwunden ist. Dafür der Puls nun wesentlich niedriger. Leider nur nicht formbedingt. Auch leere Glykogenspeicher oder einfach eine gewisse Erschöpfung können dafür verantwortlich sein. Nicht zu unterschätzen der Klimawechsel. Selbst wenn es im Süden mal etwas kühler sein sollte als üblich, hat dies ebenfalls Auswirkungen auf den Organismus. Der sich darauf genauso wie auf das Training ebenfalls erst einstellen muss. Auch diese Anpassung fordert Energie.

Größter Faktor dürfte aber sein, was im Vorfeld schon zuhause trainiert wurde. Aus dem ruhigen Grundlagentraining gleich in den roten Bereich funktioniert eher selten. Zumindest kann es keine optimale Entwicklung geben. Wurde daheim schon intensiver gearbeitet, kann dies im Trainingslager unter deutlich besseren Bedingungen fortgesetzt werden. Es ist aber immer zu bedenken, dass auch die hohen Umfänge eine recht hohe Belastung für den Körper darstellen. Im sonnigen Süden kann am Ende nur das abgerufen und entwickelt werden, was bereits im Wintertraining erarbeitet wurde. Deshalb ist ein Trainingslager um optimalen Erfolg zu gewährleisten, immer spezifisch vorzubereiten. Ein Vorbereitungscamp isoliert im Trainingsjahr kann unter Umständen deutlich mehr Nachteile bringen, als dass es vorwärts geht. Es macht deshalb schon Sinn, die schönsten Wochen des Jahres so gezielt wie möglich vorzubereiten und dort dann klare Schwerpunkte zu setzen. Ein klassisches Grundlagentrainingslager zwei bis drei Wochen vor den ersten Wettkämpfen, stellt sicher nicht das Optimum da. Genauso wenig wie wenn über die Weihnachtsfeiertage, wettkampfspezifische Einheiten für Rennen im März gefahren werden. Ein Trainingslager kann ein enorm wichtiger Baustein für die bevorstehende Saison sein. Eine systematische Vorbereitung ersetzt es nicht und kann alleine auch kein stabiles Fundament für das Wettkampfjahr sein. Vernünftig vorbereitet und geplant, aber ein großer und entscheidender Schritt nach vorne.