Ein Laktatstufentest, d.h. eine Ergometerbelastung bei der die Leistung in 3 bis 5 Minuten Rhythmus um 20 bis 50 Watt gesteigert wird, stellt meist das Standardverfahren zur Leistungsdiagnostik dar. Dieses Grundprinzip und dessen Interpretation über eine 4mmol/l Laktatkonzentration als anaerober Übergang wurde 1976 von Mader und Heck für Läufer im Durchschnitt aller Probanden entwickelt und seit dem kaum verändert. Die Grundidee des Laktatstufentest ist es, die Reaktion des Energiebereitstellungsstoffwechsels auf eine über mehrere Minuten gleich bleibende Belastung zu messen. Der am meisten beachtete Parameter ist dabei die Laktatkonzentration (vLa) im Kapillarblut, dass aus dem Ohrläppchen gewonnen wird.

Die Anwendbarkeit im Radsport ist vergleichsweise mit Läufern gering, denn die Hauptkritikpunkte sind:

  1. Beim Laktatstufentest überlagern sich die verschiedenen Stoffwechselwege. Diese Überlagerung macht es unmöglich, die Leistung eines einzelnen Stoffwechselweges derart zu beurteilen.
  2. Konstante Belastungen, wie diese im Stufentest zur Leistungsbeurteilung verwendet werden, kommen im Radrennen selten vor.
  3. Die Laktatkonzentration im Ohrläppchen steht nicht im direkten Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der für das Radfahren relevanten Muskulatur.
  4. Der mittlere Fehler bei der Bestimmung der anaeroben Schwelle beträgt 11 bis 18% nachgewiesen von u.a. siehe Heck 1990. Kleinere Leistungsveränderungen lassen sich damit nicht ermitteln. Zudem liegt der Fehlerbereich weit über dem eines Leistungsmesssystems (~2%)

 

Ein Beispiel aus der Praxis:

Die bei einem herkömmlichen Laktatstufentest (BDR-Protokoll) gemessene Laktatkonzentration (vLa) unterliegt zahlreichen Einflussfaktoren, wie

  • der realen Produktion (VLabrutto) sowie des Abbaus (vlabrutto-vLanetto) von Laktat in der Arbeitsmuskulatur,
  • der Laktatmenge, die von der Arbeitsmuskulatur in die Blutbahn übertritt,
  • die Menge welche aus dem Blut wieder in andere Organe (Herz, Oberkörpermuskeln) eintritt,
  • dem Blutvolumen selbst,
  • und der Weiterverstoffwechselung des Moleküls Laktat im Organismus – auch als Energielieferant.

Obwohl die sowohl positiv als auch negativ beeinflussenden Faktoren bekannt sind, kann ihr Einfluss bei dem jeweils untersuchten Athleten schlecht quantifiziert werden. Dies kann dazu führen, dass ein “guter” Laktatstufentest (damit ist meist eine Rechtsverschiebung der Laktatkonzentration-Leistungskurve gemeint) schon durch die Veränderung eines Einflussfaktoren erzeugen lässt. Olbrecht (2003) bestätigt, dass eine Rechtsverschiebung der Laktat-Leistungskurve auf 13 verschiedene Faktoren beruhen kann. Und nur wenige lassen eine Tendenz der Leistungssteigerung zu. Für die Praxis bedeutet dies, dass ein “besseres” Laktatstufentestergebnis nicht auf eine höhere Leistungsfähigkeit der leistungsrelavanten Systeme schließen lässt.

Eine “Verschlechterung” der Ausdauerleistungsfähigkeit (dementsprechend eine Linksverschiebung der Laktatkonzentration-Leistungskurve) bedeutet nicht zwangsläufig eine reale Verschlechterung des Leistungsvermögens eines Sportlers im Sinne seines Beanspruchungsprofils (Mader 1994): Eine bessere Sprintleistung verschiebt die Laktatkonzentration-Leistungskurve ebenso nach links wie eine verringerte aerobe Ausdauerleistungsfähigkeit.

Fakt ist, dass ein als “gut” interpretierter Laktatstufentest in nur 25% der Fälle mit einer guten Wettkampfleistung korreliert (Olbrecht 2003).

Die Bestätigung der Befunde wurden u.a. mittels eines Olympioniken des Bundeskaders Bahnradsport bestätigt. Die Präsentation findest du hier Cycling-Coach-Lab – Unsere Methoden